Seit meiner Kindheit kannte ich den Begriff ‚digital‘. Und schon zu Beginn meiner Auseinandersetzung mit Tontechnik bekam ich mit, dass es wohl eine Debatte darüber gibt, ob analoge oder digitale Technik nun besser für Audio-Produktionen geeignet sei. Aber ich gebe an dieser Stelle zu, dass ich erst im Laufe meiner selbst durchgeführten Tontechnik Ausbildung gelernt habe, was genau das eigentlich bedeutet und was der Unterschied zwischen analoger und digitaler Technik eigentlich ist.
Du möchtest ebenfalls einen näheren Blick auf die Begriffe ‚analog‘ und ‚digital‘ werfen oder hast eine eigene Position zu der Eignungs-Debatte in der Audio-Produktion? Dann ist dieser Artikel für dich der Richtige.
Fangen wir mit dem Begriff ‚analog‘ an. ‚Analog‘ kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet etwas freier übersetzt ‚ähnlich‘. Techniken, die analog funktionieren, haben zum Ziel, eine bestimmte Energieform möglichst ähnlich in eine andere umzuwandeln und dabei Schwankungen ebenfalls möglichst ähnlich abzubilden.
Ein Beispiel: das alte Quecksilberthermometer. Quecksilber dehnt sich je nach dem, wie warm es wird, aus oder zieht sich zusammen. Fülle ich nun etwas Quecksilber in ein Röhrchen, kann ich beobachten, wie es sich abhängig von seiner Umgebungstemperatur mal etwas ausdehnt und dann auch wieder zusammenzieht. Es wandelt also sozusagen Wärmeenergie in Bewegungsenergie um und zwar so, dass Veränderungen möglichst ähnlich abgebildet werden: Wird es wärmer, dehnt es sich entsprechend aus; wird es kälter, zieht es sich entsprechend zusammen.
Ein Beispiel aus dem Bereich der Audio-Produktion ist die Umwandlung von Schallwellen in elektrische Spannung, wie sie in einem Mikrofon abläuft. Für nähere Informationen darüber, wie das in einem Mikrofon funktioniert, kannst du dir den Artikel „Warum Mikrofone auch Lautsprecher sind“ durchlesen.
Schallwellen sind Veränderungen des Luftdrucks und damit letztlich Bewegung von kleinsten Luft-Teilchen. Diese Bewegungsenergie wird im Mikrofon in elektrische Energie (in Spannung) umgewandelt: Steigt der Luftdruck, erhöht sich die elektrische Spannung; sinkt er, nimmt sie ab. Auch hier wird die eine Energieform in ihrer Veränderung möglichst ähnlich auf eine andere übertragen.
Bisher sind uns bei all diesen Erklärungen noch gar keine Zahlen begegnet. Der Grund ist, dass sie, wenn man es genau nimmt, eigentlich erst in der Digital-Technik ins Spiel kommen. ‚Digital‘ bedeutet aus dem Altgriechischen übersetzt ungefähr ‚die Finger betreffend‘. Und der Begriff wurde gewählt, weil es hier ums Zählen geht – bei dem die Finger von je her eine Rolle gespielt haben.
Bisher haben wir nichts gezählt. Wir haben nur umgewandelt. Nun aber legen wir ein Raster über die Veränderungen der Energie. Das heißt zweierlei: Wir schauen immer zu bestimmten Zeitpunkten hin, nicht die ganze Zeit. Und wir schreiben zu genau diesem Zeitpunkt eine Zahl auf, die dem Wert der Energie gerade dann entspricht. Doch wir schreiben diese Zahl natürlich nicht unendlich genau auf, sonst bräuchten wir dafür ja unendlich viel Zeit und Papier. Wir runden sie, anders geht es nicht. So wird aus einem zeitlich durchgehenden Verlauf einer unendlich feinen Energieveränderung ein Ablauf zeitlich abgegrenzter, gerundeter Werte.
Bezogen auf unser Thermometer Beispiel heißt das: Anstatt einfach nur das Quecksilber zu beobachten, setzen wir uns mit Papier und Stift daneben. Einmal pro Minute (zum Beispiel) messen wir die Höhe der Quecksilbersäule im Röhrchen mit einem Millimetermaß und notieren sie. Damit haben wir nun eine eigentlich analoge Temperaturmessung digital umgewandelt (wir bräuchten nur noch eine Zuordnung der Höhe in Millimetern zur Temperatur in Grad Celsius). Wir haben begrenzte Zeitpunkte und gerundete Werte.
In der Tontechnik erfolgt die Umwandlung eines analogen Signals in ein digitales durch eine so genannte ‚AD-Wandlung‘, eine ‚Analog-Digital-Wandlung‘. Diese findet im Studio zumeist im Interface stattt, das dann z. B. über USB oder Firewire an den Computer angeschlossen ist. Hier werden elektrische Spannungen (die ja die Schallwellen analog abbilden) zu einzelnen Zeitpunkten gemessen und als gerundete Zahlen abgespeichert. Wie genau diese AD-Wandlung funktioniert, sollten wir aber ein ander Mal klären, denn sonst sitzt du morgen noch hier 😉 – Und als Kolleg*in weißt du ja ohnehin schon bescheid.
Doch eines sollten wir noch betrachten: die angesprochene Debatte darüber, ob nun analog oder digital für die Audio-Produktion besser ist.
Hinter dieser Debatte mag zum Teil auch einfach Nostalgie stecken. Zum Teil kann man den Unterschied auch einfach hören – wobei wohl nur bis zu einem bestimmten Punkt. Aber es gibt auch einen physikalischen Aspekt dabei:
Wir haben gesehen, dass wir bei der Umwandlung in digital eine eigentlich durchgängige Energieveränderung in einzelne Zeitpunkte unterteilen. Wir schauen also sozusagen nicht ständig hin, sondern eben zum Beispiel nur einmal pro Minute (in der Audio-Technik üblicherweise allerdings deutlich häufiger, beispielsweise 44.100 mal pro Sekunde). Außerdem runden wir Zahlen, das heißt, wir machen sie ungenau. Insgesamt geht also durch diese beiden Vorgänge etwas vom Ursprungssignal verloren. Was zwischen den Momenten passiert, in denen wir hinschauen, wissen wir danach nicht mehr. Und unsere gerundeten Zahlen bilden auch nicht die exakte Wirklichkeit ab, sondern eben nur so ungefähr.
Dieser Verlust an Genauigkeit könnte nun dazu verleiten, der analogen Technik immer den Vorzug vor der digitalen zu geben. Doch zum einen könnten wir einwenden, dass wir mittlerweile in der AD-Wandlung so genau geworden sind, dass man den Verlust an Genauigkeit am Ende nicht mehr hört. Und zum anderen könnten wir auf die überragenden Vorteile der Digital-Technik gegenüber der analogen Technik verweisen: Mit ihr können wir nämlich rechnen. Das ist für eine überwältigende Vielzahl an Dingen, die wir heute mit aufgenommenem Audiomaterial tun möchten, wesentlich komfortabler oder macht sie zum Teil auch erst möglich.
Ich lasse die Debatte an dieser Stelle offen, vor allem, was die beiden ersten Punkte (Nostalgie und gehörter Unterschied) angeht. Wenn du eine Meinung dazu hast, schreibe sie doch gerne in die Kommentare! Ich würde mich freuen.